Irgendwie muss ich mich immer wieder wundern, wenn ich Berichte über die angeblich so phantastischen Fahrt zwischen Echuca und Albury oder umgekehrt lese. Die zu fahrende Strecke beträgt 253 Kilometer und wird von den Touristikveranstaltern mit drei Stunden Zeitaufwand angegeben. Die direkte Verbindung zwischen den beiden Orten, zum Beispiel auf dem Murray River, ist wegen der vielen Flusswindungen, allerdings nur unwesentlich kürzer. Es gibt leider zwischen Echuca und Cobram keine neben dem Fluss gelegene Strasse. Und ob man nun über NSW oder Victoria fährt, man entfernt sich rund 80 Kilometer vom Fluss. Allerdings bleibt man dabei immer noch im Riverland. Weil ja dieser fiktiv festgelegte 100 Kilometergürtel um den Fluss schon wegen der Reichweite der Bewässerungsfläche mittlerweile auch geographisch als Begrenzung des der Riverland Gebietes gilt.
Radfahrern würde ich allerdings die Fahrt auf der B400 empfehlen, da sie mit nur 112 Kilometern 60 Kilometer kürzer ist, als die von uns gewählte nördliche Route über Deniliquin und Finley. Abwechslungsreicher ist die Fahrt nach Norden aber allemal. Neben den schon erwähnten Barmah Wetland gibt es auch ein paar Ortschaften, die sich bemühen, aus dem Teich der Unbekanntheit aufzutauchen.
Wir fuhren relativ früh am Morgen in Echuca los und folgten dem Cobb Hwy. Ab und zu, wie zum Beispiel bei Hill Plain, sind wir vom Hwy abgefahren und haben uns die dann schon nicht mehr so bequemen Wege des Old Paddock angeschaut. Hier trieb man früher die Rinder lang, hier ist Cobb & Co mit seinen Postkutschen gefahren. Und schon wenige Meter seitlich des Hwy sieht alles wahrscheinlich noch so aus wie 1860. Dabei gehört das Land immer noch zum Bereich der Bewässerungsfläche, die weit nördlich sogar über Deniliquin hinausreicht.Der Ort Deniliquin ist die Hauptstadt eines lokalen Verwaltungsgebietes in der Riverina. Doch in vielen Regionen Australiens wurde der Ort wegen des jährlichen Treffens der Ute- Auto-Enthusiasten bekannt. Ein Ute (Utility Car) ist ein typisches und weit verbreitetes Farmfahrzeug. Folglich gelang es den Veranstaltern damit, ein überregionales Interesse zu erwecken. Von Jahr zu Jahr nimmt die Zahl der Teilnehmer zu. 3418 wurden 2003 gezählt. Und 2006 hatte man schon die 6000er Grenze erreicht. Weil zusätzlich noch ein kleines Country Music Festival stattfindet und die Teilnehmer sich an diversen Wettbewerben, wie zum Beispiel Auto Ziehen, Lasso Peitschen, Schlafsackrollen, beteiligen können, ist das
Treffen in Deniliquin stets ein Volksfest. Dazu gehört natürlich auch ein anderer jährlicher Wettbewerb. Nämlich die „Blue singlet competition“. Ja, sie haben richtig gelesen: Der blaue Unterhemd Wettbewerb. Der Rekord in Deniliquin liegt bei 1566 Personen mit einem solchen blauen Unterhemd. Weltweit wetteifern Veranstalter einer bestimmten Couleur um den Rekord, den zurzeit eine Stadt in Ohio (USA) halten soll. Typisch australisch ist dabei, dass man die verrückte Idee, ganz gleich woher, sofort aufnimmt und imitiert. Ich konnte aber nicht erfahren bzw. ermitteln, wie viele „Blauhemden“ (nicht Blauhelme!) als Rekord registriert sind.
Die normale Route wäre eine Tour über eben dieses Deniliquin, einem Ort, den man außerhalb dieses Festes am besten einfach durchfahren sollte, auf dem Riverina Hwy nach Finley und von dort auf dem Newell Hwy weiter zum River, nach Cobram. In Deniliquin beginnt ein Zentrum der Schafzucht, das sich nördlich und östlich mit riesigen Schaffarmen (Peppin, Boonoke, Wanganella) im seit 1861 bestehenden Bewässerungsgebiet vom Edward River ausdehnt. Von hier sollen angeblich 85% aller australischen Schafe ihren Stammbaum haben.
Auf Island Sanctuary im Edward River gibt es den größten Red River Gum Forest Australiens. Sagen die Bewohner.
Ich wollte aber aus gutem Grund, den Leser meines großen Australienbuches vielleicht schon erahnen, noch nach Jerilderie. Also fuhren wir von Deniliquin, runter vom Cobb Hwy, auf eine Nebenstraße, die uns zunächst nach Conargo brachte. Ein kleiner Ort, den wir aus einer TV ABC Meldung schon kannten. Im Februar, genauer am 10 Februar, berichtete dieser Fernsehsender von einem Mann aus Conargo, der ein Feuerwerk anzünden wollt. Er beugte sich darüber, dieses explodierte zu früh und er erlitt so schwere Kopfverletzungen, dass er an denen verstarb.
Die Fahrt nach Conargo versetzt den Touristen wieder in vergangene Zeiten. Da spazieren plötzlich Rinder gemütlich auf der Strasse, hinter sich einen Reiter, der sie im Zeitlupentempo irgendwo hin treibt. Der Stockman war sehr freundlich. Wir hielten an, redeten eine Weile über das Wetter und unsere Reise. Dann gestattete er auch ein Foto hoch zu Pferd. Leider ist die Aufnahme nichts geworden. Pech! Dagmar meint zwar, ich hätte daran die Schuld. Ich bin mir aber sicher, dass das Pferd so sehr gewackelt hat.Allerdings war in Conargo nichts über Dramatik vor wenigen Wochen zu erfahren. Wir konnten niemand fragen, weil sich niemand auf der Strasse sehen ließ. Die waren wohl durch die Reporter genug genervt. So fuhren wir weiter auf Nebenstrassen zum 56 Kilometer entfernten Jerilderie, am Newell Hwy.
OzBus Reporter
Isabelle Hiestand unterwegs mit dem OzBus von London nach Sydney. Sie berichtet täglich aus dem OzBus.