Befriedung und Missionierung der Aboriginal Stämme
Als die Waffen bei den Aborigines zur Ausrottung des Volkes nicht reichten, versuchten die Australier eine „Befriedung“ über Missionare. Und wenn das nicht klappte, blieb ja noch der Alkohol. Die verheerenden Folgen sieht man heute in den Städten. Angetrunkene, schreiende Frauen, „abgetretene“ Männer, die torkelnd zum Polizeiwagen geführt werden. Wenn in Oz auf der Strasse Männer schreien? Das sind immer nur Weiße. Männliche Ureinwohner tun das nämlich nicht. Jedenfalls nicht im Alkoholrausch, wie die Ausnahme von Sydney beweist. Nachdem ein schwarzer Junge wahrscheinlich von Polizisten zu Tode gehetzt wurde, entwickelte sich vor dem Bahnhofsgebäude in Redfern/Sydney ab 17. Februar 2004 eine regelrechte Straßenschlacht zwischen Aborigines, anderen Slumbewohnern und der Polizei. Das Ausmaß der Aggression war sicher auch Alkohol bedingt. Doch der Tod des Jungen blieb unvergessen.
Die Unruhen in Redfern, die ich persönlich miterlebte, halte ich für politisch falsch bewertet. Der Anlass mit dem Tod eines jungen Aboriginals war tragisch, hätte aber bei einem weißen Jungen auch passieren können. Wir haben zu dieser Zeit in Redfern gewohnt. Das Viertel in dem die Unruhen ausbrachen ist eine Art Slum oder Getto, in dem Ureinwohner, Arbeitsscheue, Stadtstreicher, Randalierer und ewig Unzufriedene, wirtschaftlich und gesellschaftliche Gescheiterte wohnen. Als wir zwei Tage vor den Krawallen da durch gingen, schlug uns eine Woge von Hass und Misstrauen entgegen. So schnell wie möglich beendeten wir die „Besichtigung“.
Aber die Unruhen hatten auch etwas Gutes. Es gibt jetzt einen Jahrestag des Freiheitskampfes des Volkes der Ureinwohner, dem sich auch Weiße anschließen. Ein Jahr später, am 13. und 14. Februar, gab es in Sydney und in anderen Städten, wie Melbourne und Canberra, Proteste gegen die Polizeiwillkür. Allerdings wucherten 2005 die Ausschreitungen nicht wieder in Straßenschlachten aus. Ein Protestzeltlager auf der Wiese gegenüber dem Alten Parlamentsgebäude in Canberra sollte Ausdruck des Protestes des „anderen Australien“ gegen Rassenpolitik, Kriegsteilnahme und vieles Andere mehr sein. Eine friedliche Unzufriedenheit. Kein Polizist hätte gewagt, dagegen etwas zu unternehmen. Und nur so funktioniert eine Demokratie.
Eigentlich übersehen fast 90% der australischen Einwohner alle die Aborigines betreffenden Themen. In den Städten schauen sie einfach weg, wenn eine Gruppe der Ureinwohner irgendwo herumgammelt. Sie gehen vorbei, wenn die Polizei die Leute in Käfigwagen „einsammelt“. Sie wechseln die Straßenseite, um angetrunkenen Aborigines aus dem Weg zu gehen. Diese sind zwar oft laut oder versperren den Weg. Ich habe aber niemals Aggressionen gegenüber Vorbeigehenden gesehen. Es gibt eine Reihe profilierter Bürger, die sich für die Ureinwohner einsetzen. Aber die wollen in Verkennung der Realität nur die guten Beispiele sehen und nicht die eigentliche Ursache. Unter vier Augen sind viele Australier der Meinung, dass die Aborigines keine Sozialhilfe mehr bekommen sollten, sondern endlich arbeiten müssten. Und hier ist das eigentliche Problem!
Die Masse der älteren Aborigines lebt in einer eigenen Welt, in der Arbeitsdisziplin, Termintreue oder Pflicht zur Arbeit fehlen. Obwohl die Selbstlosigkeit bei der Erfüllung sozialer und religiöser Pflichten, die sich aus der komplexen Sozialstruktur und den Vorschriften seit der Traumzeit ergeben, ein wichtiger Bestandteil ihres Glaubensgefüges ist. Da ist das Leben in der Natur, da ist der Wunsch stundenlang verinnerlicht irgendwo zu sitzen, und da ist auch mittlerweile die Abhängigkeit vom Alkohol. Weil es in den von Aborigines verwalteten Gebieten keinen Alkohol gibt, kommen viele Ureinwohner immer wieder in die Städte.
Es gehörte zu unseren unangenehmsten Eindrücken bei dieser Australienreise. Betrunkene, laut schreiende und keifende Aboriginesfrauen in den Städten. Nur die Enttäuschung über Swiss Am Drive Sydney war vielleicht noch schlimmer.
Sogar viele Aboriginesführer sind nun mittlerweile der Meinung, dass Sozialhilfe wohl doch nicht der richtige Weg zur Eingliederung in die Gesellschaft Australiens ist. Sozialhilfe fördert nur eine phlegmatische, untätige Lebensweise. Das Geheimnis für die Lösung heißt Bildung.
Mit Recht sind junge Aborigines stolz, wenn sie es trotz negativer Beeinflussung von Weiß und Schwarz geschafft haben. Einen Schulabschluss, einen Ausbildungsabschluss, einen Hochschulabschluss. Aber zu wenige, viel zu wenige! TAFE (Technique and further Equipment) ist ein Geheimwort für Bildungswillige. So ähnlich wie die Arbeiter- und Bauern- Fakultäten damals in der DDR wird hier den Bildungswilligen ein zweiter Bildungsgang mit Abschluss angeboten.
OzBus Reporter
Isabelle Hiestand unterwegs mit dem OzBus von London nach Sydney. Sie berichtet täglich aus dem OzBus.