Heute fahren wir von Amritsar nach Süden. Die iranische Verkehrsmischung aus Mofas und Autos war schwer zu überblicken, in Indien wird sie ergänzt durch Fußgänger, Handkarren, Rikschas, Fahrradfahrer, Ochsenkarren, Tuktuks, TATA-Lastwagen, Hühner, Hunde, Schweine und natürlich Kühe.
Auf der Straße gilt eine einfache Ordnung: Fußgänger und Handkarren ganz links (wegen dem Linksverkehr), dann Zugtiere, anschließend Fahrradfahrer, daneben Mofas und Tuktuks. Bei Auto, Lastwagen und Bus entscheidet die lautere Hupe.
Die einzige Schwierigkeit besteht darin, dass für alle nur ein einziger Fahrstreifen zur Verfügung steht. Alle zweihundert Meter weicht unser Busfahrer also auf die Gegenspur aus, was nur gerecht ist, denn der entgegenkommende Lastwagen macht es genauso. Jetzt verstehe ich, warum es in Indien so viele Götter gibt.
Die Pausen sind mindestens genauso spannend wie die Fahrt. Wenn der Bus auf einen staubigen Platz am Straßenrand rollt, suchen wir hektisch die Umgebung ab: Wo ist das Klo? Die Verzweifelten spurten mit dem Klopapier in der Hand voran. Dann hört man lautes Gieksen und unterdrückte Würgelaute. Vor der Toilette hat sich bereits eine zwanzig-Frau-starke Schlange gebildet, die gespannt auf das Urteil wartet. „Disgusting!“ heißt es meistens, manchmal aber auch: „This is bad!“ oder „This is the worst!“
Die Reihe der Wartenden lichtet sich daraufhin. Übrig bleiben die mit der größten Not und die Mutigen: „Wer weiß, wie die nächste Toilette aussieht!“
Egal wie verlassen die Tankstelle bei unserer Ankunft gewirkt hat: Bis wir losfahren hat sich ein Stau gebildet. Die Lastwagenfahrer fahren im Schneckentempo vorbei und hupen, wer kann, stellt Karren oder Fahrrad ganz ab und betrachtet diesen seltsamen Haufen Bleichhäute. Wenn der letzte endlich mit angehaltenem Atem aus dem Klo hastet, steigen wir erleichtert in unser fahrendes Sicherheitsrisiko.
Die grüne Landschaft um Amritsar verschwindet langsam und macht der Halbwüste Platz, genauso wie die Ochsen vor den Karren durch Kamele ersetzt werden. Drei Tage fahren wir, bis wir endlich unser nächstes größeres Ziel erreichen: Jodhpur.
Foto: Isabelle Hiestand
OzBus Reporter
Isabelle Hiestand unterwegs mit dem OzBus von London nach Sydney. Sie berichtet täglich aus dem OzBus.
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