Bis Ende des 19. Jahrhunderts war das Motiv der Frauen, die allein nach Australien kamen, ganz selten in dem Wunsch nach einer beruflichen Perspektive zu sehen. Trotzdem sicherten diese Frauen, ohne zu klagen, während der Weltkriege an der „Heimatfront“ das Weiterfunktionieren der Wirtschaft
Heute sind berufliche Qualifikationsmöglichkeiten, interessante Aufgabengebiete, guter Verdienst die Hauptgründe für eine Zuwanderung. Auf keinem Fall überwiegt der Wunsch, als Hausfrau am heimischen Herd zu stehen.
In Kalgoorlie haben wir auch die eindrucksvollste Ausstellung über das Leben der Frauen im Outback, auf den Farmen, bei den Minern gesehen. Neben den zum Teil sechs Kindern, den Haushalt und die Sorge um die tägliche Ernährung arbeiteten sie hart mit. Ob auf der Farm oder in kleinen Nebenjobs, um Geld für den Lebensunterhalt mit zu verdienen. Sie waren so nicht nur Ehefrau, Mutter, Geliebte, Trösterin, Krankenpflegerin, sondern trugen auch aktiv zur wirtschaftlichen Existenz bei.
Da blieb nicht viel Zeit für Fragen der Emanzipation oder politischer Mitbestimmung. Noch heute gibt es in Australien keinen bezahlten Mutterschutz.
Die erste Geschichte über die Emanzipation der Frauen erzählten schon die Aborigines in einer ihrer Legenden, die ich als Artuni Story in der Flinders Ranges und in der nachfolgenden Version gefunden habe.
Natürlich hatten auch die Ureinwohner schon längst die offenen Sternenhaufen am Winterhimmel gesehen, Maya- mayi nannten sie die in Europa als Plejaden bekannten Gestirne, die nach Meinung der alten Griechen, sie sieben Töchter des Atlas sein sollen. Und wie alle Naturvölker fanden auch die Aborigines eine Erklärung für diesen Sternenhaufen. So soll eines Tages Wurrunna, ein junger Ureinwohner, auf seiner Wanderschaft auf eine Siedlung getroffen sein, in der sieben junge Frauen in Einsamkeit und Zufriedenheit zusammen lebten. Wurrunna blieb eine Weile bei Ihnen und war entzückt von den Frauen und ihren Kochkünsten. So beschloss er, zwei von ihnen zu heiraten.
Wie wir es schon bei der Geschichte von den drei Schwestern in den Blue Mountains hörten, mußte nach den Bräuchen der Ureinwohner, wenn man eine Frau von einem anderen Stamm heiraten wollte, diese entführt werden. Als die Frauen auf der Suche nach Yam Wurzeln, ein auch den Aboriginals bekanntes besonders bei Frauen wirkendes Naturheilmittel, waren, legten sie ihre Bumerangs zur Seite. Und Wurrunna stahl zwei Stück. Ein Bumerang war für das Überleben im Outback sehr wichtig. Deshalb suchten die Besitzerinnen danach, während die anderen fünf schon zu den Hütten gingen. Nun hatte Wurrunna leichtes Spiel. Er entführte die beiden Frauen, brachte sie zu seinem Heim und zwang sie zur Heirat. Die Bumerangs versteckte er.
Die Wochen vergingen, und nach etlichen Fluchtversuchen wurde die Aussichtlosigkeit eines Entkommens deutlich. Beide schienen sich in ihr Schicksal zu fügen. Und Wurrunna war sich der beiden Frauen sicher. Bald schickte er seine Frauen nach der Rinde eines bestimmten Baumes auf einen weiten Weg. So lachte er nur, als sie ihm sagten, sie würden fliehen.
Die Frauen fanden den Baum und kratzten an seiner Rinde. Plötzlich begann der Baum zu wachsen, und trug die beiden Frauen hinauf zum Himmel. Dort warteten schon die fünf anderen Schwestern auf sie. Für die Ureinwohner ist das Sternbild Maya-mayi das Symbol für die wohl erste Geschichte der Emanzipation. Ein sichtbares Beispiel, sich dem Willen des Mannes zu widersetzten!
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OzBus Reporter
Isabelle Hiestand unterwegs mit dem OzBus von London nach Sydney. Sie berichtet täglich aus dem OzBus.