Alle meine Bekannten in Deutschland, denen ich vom Yulefest in Australien erzählte, schüttelten ungläubig den Kopf. „Yulefest? Ist das nicht aus Skandinavien? Oder sogar ein altgermanisches Fest?“ Und sie haben eigentlich recht. Das Yulefest wird nämlich am Höhepunkt der Sonnenwende, also am 21. Dezember gefeiert. Irgendwie haben die Christen daraus Weihnachten gemacht und den Termin auf den 24. Dezember verschoben.
Doch es gibt nicht wenige Australier, die eine weiße Weihnacht mit Schnee am Kamin bevorzugen. Und die verlegen einfach die Weihnachtsfeier auf die Zeit zwischen Juni und August. Dann kann in den Blue Mountains, in den Snowy Mountains und in den viktorianischen Alpen durchaus Schnee liegen. Das beliebteste Getränk in dieser Zeit ist unbestritten Glühwein.
Und so bekam Australia sein Yulefest.
Entstanden ist es angeblich 1981 in den Blue Mountains. Genauer noch im „Mountain Heritage Retreat“ in Katoomba. Eine Gruppe europäischer Touristen fror und empfand das Wetter wie um die Weihnachtszeit in Europa. Angeblich sollen sie das Hotel Management aufgefordert haben, wenigsten beim Essen eine weihnachtliche Atmosphäre zu schaffen. Das taten die dann auch mit Kaminfeuer, Glühwein und einem deftigen Rostbraten. Die Gäste, und das scheint verständlich, waren entzückt und zufrieden. Ob aber diese Besucher die Mär von einer Weihnachtsfeier im Juli in alle Welt trugen? Oder ob das findige Management hier eine touristische Nische entdeckte? Ich überlasse es dem Betrachter. Angeblich sollen alle europäischen Touristen im Jahr darauf zur selben Zeit wieder in Katoomba gewesen sein.
Bald schlossen sich die anderen Einrichtungen in Katoomba und Leura dem Trend an. Denn der Gedanke, das Fest im Gegensatz zum australischen Dezember, der jeden Weihnachtsmann zum Schwitzen bringt, im August in den winterlichen Blue Mountains zu feiern, bedeutet echte garantierte Weihnachtsatmosphäre zum "Yulefest". Und seitdem kann man für 40 bis 110 Dollar pro Person an einem Samstagabend zwischen Juni und August am traditionellen Yulefest teilnehmen. Mit Übernachtung steigt der Preis auf weit über 200 Dollar pro Person. Neben dem brennenden Kamin bieten die Veranstalter auch Weihnachtsbäume. Und zu Carols by Candlelight kommt auch der gute alte Santa Claus mal vorbei.
Gefüllter Truthahn, Schinken, Sauce mit Preiselbeeren, Portwein, Glühwein. Die ganze Xmas Palette wird durchgezogen. Und wenn dann draußen noch Schnee fällt, dann schmecken Crackers und Pudding wohl noch mal so gut.
Man feiert, als würde die Göttin das Sonnenkind in den Blue Mountains zur Welt bringen, als stünde hier die Wiege, von der aus die Nächte nun wieder merklich kürzer und die Tage heller werden, weil das Licht den Sieg über die Dunkelheit davon getragen hat.
In typisch australischer zurückhaltender Bescheidenheit bezeichnen die Gastwirte in Katoomba die Blue Mountains nunmehr als „Home of the Yulefest“.
Doch ist eine solche feierliche Zusammenkunft nicht an eine gastronomische Einrichtung gebunden. Auch im privaten kleineren Kreis gibt es derartige feierliche Treffen.
Und da es auch in den Snowy Mountains oder den viktorianischen Alpen um diese Zeit ebenfalls ziemlich kalt wird und auch Schnee fallen kann, feiert man dort das Yulefest natürlich auch. Aber nicht mit dem Pomp der Blue Mountains.
„Merry Yulefest in the summer?“ Oh yes. I think so too.
OzBus Reporter
Isabelle Hiestand unterwegs mit dem OzBus von London nach Sydney. Sie berichtet täglich aus dem OzBus.
Keine Kommentare