Ich bin von einer Bekannten zu einer Stadtführung über Wien im frühen 19. Jahrhundert eingeladen. Wir kommen an der Synagoge vorbei. Heute, am Freitag, herrscht hier reger Betrieb, immer überwacht von dem bewaffneten Polizisten an der Ecke.
Unser Weg führt uns durch Gässchen und Hinterhöfe zu den pastellfarbenen Biedermeierfassanden und den opulenteren Gründerzeitvillen. Eine Kutsche poltert über´s Kopfsteinpflaster. Ich kann mir leicht vorstellen, wie das Leben damals war. Aber auf den Gestank von Pferdemist, Urin und Essensresten kann ich verzichten.
Ich steige zum Donaukanal hinunter. Die U-Bahn rattert unter den Arkaden hindurch, mit Eisengittern von Sprayern und Lebensmüden getrennt. Die Wände des Donaukanals aber gehören den Graffitis. Donauungeheuer, Totenköpfe, Liebensherzchen. Alles findet hier einen Platz.
So ist es auch mit den Menschen. Neben den üblichen Verdächtigen treffe ich einen Angler, Mütter mit Kinderwägen, ein altes Ehepaar. Zwei 10jährige Mädchen studieren neben einem Dixi-Klo einen selbsterfundenen Tanz ein. Im Strandcafé sonnen sich ein paar Banker unter dem ausladenden Glasdach und unter einer Brücke klettert ein Freeclimber. Nur ein paar Meter weiter entstehen neue Graffitis. Sie ziehen ihre Kapuzen über´s Gesicht, als sie meine Kamera sehen.
Zum Tagesabschluss fahre ich zum Prater. Viele Familien sind hier. Auf der GoCart-Bahn dreht tapfer ein Mädchen mit Kopftuch ihre Runden, während sie von den Jungs in den Kurven überholt wird. Als sich die Dunkelheit langsam auf die Stadt senkt, erstrahlt das Riesenrad mit den roten Gondeln in all seinem Glanz. Auf Wiedersehn Wien, morgen fährt der OzBus weiter nach Budapest.
Foto: Isabelle Hiestand
OzBus Reporter
Isabelle Hiestand unterwegs mit dem OzBus von London nach Sydney. Sie berichtet täglich aus dem OzBus.
Annette
Hallo Isabelle, wird fast schon zu einer festen Gewohnheit, wenn ich im Internet bin mal kurz nachzuschauen, wo du dich gerade so rumtreibst. Ich hoffe es geht dir gut. Liebe Grüße, Annette
Ann-Kathrin
Liebe Isabelle! Schön von dir zu hören/zu lesen. Du schreibst in einer Art und Weise, dass ich mir deine bunte Umgebung gut vorstellen kann. Mitgenommen auf deine wunderbare Reise, vergesse ich für Minuten, dass der ganz normale "Wahnsinn" für uns Daheimgebliebene schon wieder begonnen hat. Ich freue mich auf weitere Zeilen von dir. Herzliche Grüße von Ann-Kathrin